Insektizide: Mit der chemischen Keule gegen Plagegeister

Insektizide: Mit der chemischen Keule gegen Plagegeister
Insektizide: Mit der chemischen Keule gegen Plagegeister
 
Insektizide sind chemische Substanzen, die Insekten und ihre Larven töten oder deren Wachstum hemmen. Man setzt sie in Land- und Forstwirtschaft, bei Vorratshaltung und Seuchenbekämpfung sowie im Haushalt ein. Die Insektizide lassen sich je nach ihrer chemischen Zusammensetzung in unterschiedliche Gruppen einteilen, die einander strukturell sehr ähnlich sind. Am häufigsten werden Pyrethroide, künstliche Abkömmlinge eines Giftes aus einer Chrysanthemenart eingesetzt, gefolgt von Carbamaten und organischen Phosphorsäureestern, zu denen etwa Kampfgase gehören. Hinzu kommen neuere Wirkstoffe wie nikotinähnliche Substanzen, beispielsweise Imidachloprid. Chlorierte Kohlenwasserstoffe wie etwa DDT oder auch Lindan dürfen heute aufgrund ihrer hohen Beständigkeit in der Natur nur noch stark eingeschränkt in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Neuere Entwicklungen zielen vor allem darauf, die verwendete Menge zu reduzieren und die selektive Wirkung der Mittel zu verbessern, um Nutzinsekten zu schonen. In bestimmten Fällen kommen auch Wirkstoffe zum Einsatz, die Insektenhormonen nachgebildet sind. Sie greifen in die Entwicklung von der Larve zum ausgewachsenen Insekt ein und führen zum Absterben des Organismus. Zunehmend erkennt man auch die Möglichkeiten der biologischen Schädlingsbekämpfung etwa durch Mikroorganismen. Dazu zählen Pilze, die Schadinsekten durchwachsen und dadurch töten, oder Larven der Schlupfwespe, die sich von schädlichen Fliegenlarven ernähren.
 
 Wozu braucht man Insektizide?
 
Insektizide werden hauptsächlich in der Landwirtschaft eingesetzt, beim Holzschutz, in der Vorratshaltung und bei der Seuchenbekämpfung. Aber auch im Haushalt greifen viele Menschen gern zu Insektensprays gegen Fliegen, Mücken oder allerlei anderes lästiges Getier, zu dem auch Hygieneschädlinge wie Schaben und Pharaoameisen gehören. Auch Kopfläuse, eine Plage, die in jüngster Zeit in Schulen und Kindergärten wieder häufiger auftritt, werden mit insektizidhaltigen Schampons oder Pulver behandelt. Flohschutzmittel zur Behandlung von Haustieren zählen ebenfalls zu dieser Gruppe.
 
Die Wirkstoffe werden von den Insekten durch Berührung (Kontaktinsektizide), über die Atemwege (Atemgifte) oder den Magen-Darm-Trakt (Fraßgifte) aufgenommen. Im Pflanzenschutz kommen vor allem systemische Insektizide zum Einsatz, die vom Pflanzengewebe aufgenommen, im Gefäßsystem verteilt werden und dadurch anhaltenden Schutz ermöglichen. Fast alle Insektizide sind Nervengifte und greifen in die Weiterleitung von Nervensignalen im Insekt ein. Das Nervensystem der Insekten ist aufgrund des Aufbaus besonders gut als Angriffsziel geeignet. Die Nervenbahnen verlaufen dicht unter dem Chitinpanzer und sind nicht wie bei Wirbeltieren mit einer Schutzhülle aus einer fetthaltigen Hülle, den Myelinfasern, umgeben.
 
Durch die breite Anwendung von Insektiziden gelang es beispielsweise, die in den Tropen und Subtropen grassierenden Seuchen wie Gelbfieber, Malaria, Flecktyphus, Schlafkrankheit oder Bilharziose zurückzudrängen.
 
 Einteilung der Insektizide
 
Üblicherweise werden die Insektizide in chemische Substanzklassen eingeteilt, deren wichtigste organische Phosphorverbindungen, Carbamate, synthetische Pyrethroide und acylierte Harnstoffe sind. Chlorkohlenwasserstoffe spielten in der Vergangenheit eine große Rolle, sind aber bis auf wenige Ausnahmen in Deutschland inzwischen verboten.
 
DDT — vom Nobelpreis zur geächteten Substanz
 
Der Schweizer Chemiker Paul Hermann Müller entdeckte 1939 die insektizide Wirkung des »Dichlordiphenyltrichloräthan«, das zu den chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) zählt. Diese Verbindung, kurz DDT genannt, hatte alle gewünschten Eigenschaften eines Insektizids: Für warmblütige Organismen wie Säugetiere und Menschen ist es nur gering giftig, für Schadinsekten dagegen bereits in niedrigen Dosierungen tödlich. Zudem kann man es technisch recht einfach und in großen Mengen preisgünstig herstellen. Damit galt es damals ideal zur Behandlung großer Getreidefelder. Auch den Medizinern kam DDT wie gerufen, denn damit konnten weite Teile Afrikas von der Malariamücke Anopheles befreit und die Malaria zurückgedrängt werden. Dies war der Grund, warum Müller für seine Entdeckung 1948 den Nobelpreis für Medizin erhielt.
 
Den entscheidenden Nachteil von DDT erkannten Wissenschaftler erst Jahre später: die extrem lange Überlebensdauer (Persistenz) in der Natur. Wie viele Chlorkohlenwasserstoffe ist DDT auf chemischem, physikalischem oder mikrobiellem Weg nur schwer abbaubar. Über die Nahrungskette gelangt DDT auch in den Körper des Menschen und wird dort im Fettgewebe abgelagert. Gefährlich wird es, wenn durch Krankheit oder Reduzierung des Körpergewichtes DDT wieder in den Blutkreislauf gelangt, da es schädigend auf das Erbgut wirkt. Seit 1972 ist die Anwendung von DDT in Deutschland verboten und seit 1986 auch Produktion und Verkauf.
 
Schraders Entdeckung
 
Bereits 1936 synthetisierte der Chemiker Gerhard Schrader von der Bayer AG in Leverkusen auf der Suche nach einer neuen insektiziden Wirkstoffklasse ein weißes Pulver. Plötzlich auftretender Schwindel bei ihm und seinem Assistenten und eine starke Verengung der Pupillen ließen sogleich vermuten, dass es sich bei dem neuen Präparat um ein wirksames Nervengift handeln könnte. Erste Versuche an Insekten brachten die Bestätigung: Der Stoff, ein organischer Phosphorsäureester, tötete die Versuchstiere in kurzer Zeit. Doch zunächst fällten die Toxikologen ein vernichtendes Urteil. Die neue Substanz war für Menschen hochgiftig.
 
In den nächsten Jahren gelang es Schrader das Produkt so zu verändern, dass es weniger giftig wurde, und er entwickelte das immer noch gebräuchliche Parathion, das unter dem Handelsnamen E 605 bekannt ist. Heute stehen mehr als zwanzig unterschiedliche Phosphorsäureester für den Einsatz in der Landwirtschaft zur Verfügung.
 
Auch die Kampfgase Sarin, Tabun, Soman und VX sind organische Phosphorsäureester und lassen sich — ausgehend von der nach dem Entdecker benannten schraderschen Acylfomel — synthetisieren. Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit kann man in einer Anlage zur Herstellung von Insektiziden auch militärische Kampfgase produzieren.
 
Gift aus Blüten
 
Schon vor 100 Jahren lernten die Russen auf ihren Eroberungsfeldzügen im Kaukasus das »persische Pulver« von ihren tscherkessischen Gefangenen kennen, die ihre Körper mit zermahlenen Chrysanthemenblüten einrieben, um der Läuse und Flöhe Herr zu werden. Auch in Japan war die Wirkung des Pulvers bekannt. Den Anbau der Pflanzen zu Heilzwecken betrieb man bereits Ende des 18. Jahrhunderts in großem Stil. Einige Chrysanthemenarten besitzen in ihren Blüten ein Naturstoffgemisch mit insektizider Wirkung (Pyrethrum), das auf chemisch verwandte Substanzen zurückzuführen ist, die Pyrethrine.
 
Am besten zur Insektizidgewinnung geeignet ist die Pyrethrumblume mit dem botanischen Namen Chrysanthemum cinerarifolium, die im Frühjahr die sonnigen Hänge an der dalmatinischen Adriaküste mit weißen Blüten schmückt. Die Hauptanbaugebiete für die kommerzielle Nutzung sind jedoch Kenia und Tansania. Ursprünglich wurden die Blütenköpfe getrocknet und zu einem Pulver zermahlen, das als Pyrethrumpulver in den Handel kam. Da die Wirkstoffe jedoch unter dem Einfluss von Licht und Sauerstoff ihre Wirkung schnell verlieren, verwendet man heute den vorgereinigten Pyrethrumextrakt, und versetzt diesen mit Lösemitteln und Zusatzstoffen (Synergisten), die den Effekt des Pyrethrums intensivieren, indem sie den Abbau des Wirkstoffs im Insekt verhindern. Eingesetzt wird Pyrethrum im Hygienebereich bei der Bekämpfung von Schaben und anderen Schädlingen, aber auch bei Befall von Läusen. Für die Landwirtschaft ist Pyrethrum durch seine Instabilität so gut wie unbrauchbar.
 
Künstliche Varianten sind stabiler
 
In den 1970er-Jahren wurden synthetische Abkömmlinge des Pyrethrums entwickelt, die auch unter Umwelteinflüssen stabil bleiben. Die Substanzklasse der Pyrethoide ist heute sowohl in der Landwirtschaft als auch im Hygienebereich die am häufigsten angewendete Insektizidklasse. Durch gezielte Abwandlungen gelang es, mehr als 35 Varianten herzustellen.
 
In die Kritik kamen Pyrethrine und Pyrethroide Anfang der 1990er-Jahre, als sie in den Verdacht gerieten, sich im menschlichen Nervensystem anzureichern und dadurch zu Nervenschädigungen zu führen. Untersuchungen des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) ergaben, dass Pyrethroide in der Raumluft schon wenige Stunden nach der Anwendung etwa durch einen Kammerjäger, nicht mehr nachgewiesen werden können.
 
Allerdings lagern sich die Wirkstoffe an Staubteilchen an und sind dort noch über mehrere Wochen nachweisbar. Ob die an den Staub gebundenen Pyrethroide gesundheitsschädlich sind, ist bisher nicht endgültig geklärt. Einerseits fehlen Nachweismethoden, mit deren Hilfe man die Aufnahme der Stäube simulieren könnte, andererseits sind die Beschwerden, die nach dem Einsatz von Pyrethroiden auftreten, oft unspezifisch und lassen sich nicht eindeutig auf die verwendeten Wirkstoffe zurückführen. Nicht gänzlich freigesprochen sind die Pyrethroide von dem Verdacht, MCS (Multiple chemical Sensitivity) hervorzurufen. Bei diesem Krankheitsbild reagieren die Patienten auf kleinste Mengen von Chemikalien in der Umwelt mit Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Desorientierung und Depressionen.
 
Nikotin — ein altes Mittel neu aufgelegt
 
Vor Aufkommen der synthetischen Insektizide wurde Nikotin besonders zur Blattlausbekämpfung eingesetzt. Aufgrund seiner hohen Toxizität — gerade auch für Menschen — und seiner geringen Stabilität kommt es in der Freilandkultur nicht mehr zum Einsatz.
 
Seit Anfang der 1990er-Jahre existiert jedoch ein synthetischer Wirkstoff zur Bekämpfung von Schadinsekten: Imidacloprid ist eng verwandt mit dem Nikotin und wird in erster Linie gegen Kleinschmetterlinge, Blattflöhe, Blattläuse und bestimmte Käferarten eingesetzt.
 
Carbamate und Acylharnstoffinsektizide
 
Da diese beiden Substanzklassen in wirtschaftlicher Hinsicht eine wichtige Rolle spielen, sollen sie deshalb nicht unerwähnt bleiben. Als erstes Carbamat mit insektizider Wirkung kam Carbaryl im Jahr 1958 auf den Markt. Weitere Vertreter sind Methiocarb und Aldicarb. Die Gesamtmenge der produzierten Carbamate stieg in der Folge stetig an. Die meisten Carbamate wirken systemisch, das heißt sie werden über die Transportsysteme über die Pflanze verteilt, sodass auch schwer erreichbare Schädlinge an Spross und Wurzel erreicht werden.
 
Bei den Insektiziden nehmen Acylharnstoffderivate eine Sonderstellung ein: Sie wirken nicht unmittelbar tödlich auf das Insekt, sondern greifen in den Chitinstoffwechsel von Raupen und Larven ein. Der Chitinaufbau wird gehemmt und bei der Larvenhäutung kommt es zum Aufplatzen der Kuticula und zum Austreten von Körperflüssigkeit — das Insekt stirbt. Um diese Wirkung zu erreichen, muss die Insektizidbehandlung zu einem möglichst frühen Larvenstadium erfolgen. Wichtigster Einsatzbereich ist die Bekämpfung der Larven schädlicher Schmetterlinge und Blattwespen im Wald.
 
 Wie wirken Insektizide?
 
Wie bereits erwähnt, sind Insektizide in der Regel Nervengifte. Relativ gut kennt man den Mechanismus der DDT-Vergiftung. Das DDT blockiert eine wichtige Struktur im Nerv, den Natriumkanal. Dieser Natriumkanal spielt bei Tier und Mensch eine wichtige Rolle bei der Weiterleitung äußerer Reize, die man physikalisch auch als elektrische Impulse bezeichnet. Nervenimpulse sind nichts anders als winzige elektrische Ströme im Nerv, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit entlang der Nervenfaser ausbreiten. Ausgelöst wird ein Nervenimpuls durch einen Reiz — beispielsweise der Berührung eines Fühlers. Dadurch öffnen sich die Natriumkanäle in der Wand der Fasern, wodurch positiv geladenen Natriumionen aus der Umgebung in das Innere der Nervenzelle fließen. Das Ergebnis ist eine kurzfristige Umpolung der Membran. Die Neurologen bezeichnen diesen Vorgang als Aktionspotenzial oder formulieren griffiger: »Der Nerv feuert«. Normalerweise geschieht das genau einmal, da sich nach einigen Millisekunden die Kanäle wieder verschließen. Blockiert eine chemische Substanz wie DDT die Kanäle, fließt weiter Natrium in den Nerv, und dieser feuert eine ganze Salve von Impulsen ab, die den Nerv bald lahm legen. Besonders schnell erreichen die Wirkstoffe die direkt unter der festen Außenhaut liegenden Bewegungsnerven, sodass die Tiere in kurzer Zeit bewegungslos werden.
 
Ähnlich funktionieren auch die Pyrethroide. Schon in den Sechzigerjahren wurde untersucht, wie Pyrethroide auf die Nerven des Tintenfischs wirken. Deren zentimeterlange Nervenfasern, auch Riesenaxone genannt, lassen sich besonders gut heraus präparieren und zu Versuchszwecken nutzen. Die Forscher tauchten die isolierten Nerven in einer mit dem Pyrethroid Allethrin versetzte Lösung und fanden heraus, dass sich der Wirkstoff — ebenso wie DDT — an die Natriumkanäle der Nervenfaser bindet.
 
Phosphorsäureester und Carbamate stören das Nervensystem
 
Phosphorsäureester beeinflussen bestimmte Rezeptoren an den Nervenzellen, die Acetylcholinrezeptoren. Seinen Namen hat der Rezeptor von dem Botenstoff Acetylcholin, kurz ACh, der für die Bildung, Weiterleitung und Übertragung von Signalen unerlässlich ist und sich im gesamten Nervensystem findet. Dockt der Botenstoff ACh an dem Rezeptor an, sorgt er für die Weiterleitung von Nervensignalen. Das Enzym, das den Botenstoff durch Spaltung in seine Bestandteile Cholin und Acetyl wieder vom Rezeptor ablöst, trägt den Namen Acetylcholinesterase (AChE). Bliebe diese Spaltung des Acetylcholins aus, käme es zu einem Dauerreiz an der nachgeschalteten Nervenzelle. Genau das aber geschieht, wenn das Enzym den Botenstoff nicht mehr zerlegen kann. An dieser Stelle setzt die tödliche Wirkung der Phosphorsäureester an. Das Gift bindet sich so fest an das Enzym, dass die Spaltung des Acetylcholins ausbleibt.
 
Auch die Carbamate sind solche Acetylcholinesterase-Hemmer. Der wesentliche Unterschied zu den Phosphorsäureestern besteht darin, dass das blockierte Enzym sich nach der Ablösung des Carbamats regeneriert und wieder für der Abbau des Acetylcholins zur Verfügung steht. Aus diesem Grund klingen Vergiftungserscheinungen durch Carbamate bei Säugetieren in der Regel nach 24 Stunden wieder ab, wodurch sie für Säugetiere und Menschen sehr viel weniger giftig sind als Insektizide auf Basis von Phosphorsäureester.
 
 Probleme durch den Gebrauch von Insektiziden
 
Nach dem Aufkommen der synthetischen Insektizide wurden sie flächenhaft in vielen Teilen der Welt eingesetzt, glaubte man doch Mittel gegen einige Plagen der Menschheit gefunden zu haben. Doch die Kehrseite der Medaille zeigte sich, als manche Insekten plötzlich auf bestimmte Insektizide nicht mehr reagierten: Es haben sich Resistenzen gebildet, das Gift wirkt auf das Insekt nicht mehr schädigend. Durch eine Stoffwechselumstellung — eine biologische Anpassung an die existenzielle Bedrohung — ist das Insekt nun in der Lage, das Insektizid zu entgiften. So haben sich infolge des intensiven DDT-Einsatzes gegen die Anophelesmücke in weiten Teilen Westafrikas resistente Stämme gebildet, sodass DDT dort als Waffe bei der Bekämpfung des Malariaüberträgers untauglich geworden ist.
 
Chlorierte Kohlenwasserstoffe reichern sich in der Nahrungskette an
 
Chlorierte Kohlenwasserstoffe weisen Persistenz auf, das heißt, sie sind beständig in der Umwelt. Die meisten CKW werden durch Witterungseinflüsse und Mikroorganismen nur sehr begrenzt abgebaut. Daher können sie über die Nahrungskette auch in den menschlichen Körper gelangen, wo sie das Erbgut schädigen können. Im Tierversuch wirken einige CKW zudem krebserregend. Manche chlorierte Kohlenwasserstoffe waren früher häufig herstellungsbedingt mit den Ultragiften Furan und Dioxin verunreinigt.
 
 Neue Wege bei den Insektiziden
 
Neuere Entwicklungen bei Insektiziden zielen vor allem auf eine Verringerung der Einsatzmenge. Mit mikroverkapselten Wirkstoffen oder Granulaten, die Wirkstoffe kontinuierlich über längere Zeiträume abgeben, soll die Umweltverträglichkeit gesteigert werden. Gelungen ist das bereits bei dem Wirkstoff Imidachloprid, der als Zusatz dem Saatgut von Zuckerrüben beigegeben wird. Die Pflanzen nehmen den Wirkstoff über die Wurzeln auf und verteilen ihn mit dem Saftstrom bis in die Blattspitzen. Dadurch kann der Landwirt auf das Spritzen der Pflanzen verzichten.
 
 
Auch die biologische Schädlingsbekämpfung ist auf dem Vormarsch. Als biologische Schädlingsbekämpfung bezeichnet man den Einsatz von parasitär oder räuberisch lebenden Organismen. Der bekannteste Mikroorganismus ist Bacillus thuringensis, der zur Bekämpfung schädlicher Schmetterlingsraupen wie dem Kohlweißling oder dem Maiszünsler eingesetzt wird. Er beschädigt die Darmwand der befallenen Insekten, die dadurch die aufgenommene Nahrung nicht mehr verwerten können. In Gewächshäusern werden zur Bekämpfung der weißen Fliege sehr häufig Schlupfwespen eingesetzt, die Eier auf die Fliegenlarven legen. Die Schlupfwespenlarven fressen im Laufe ihrer Entwicklung ihre Opfer von innen her auf.
 
Auch Insektenhormone kann man bedingt zur biologischen Schädlingsbekämpfung rechnen. Ein für Warmblüter ungiftiges Mittel ist der Häutungshemmer Dimilin, der verhindert, dass die Larven beim Wachstum ihre Haut abstreifen können und die Larven zum Absterben bringt.
 
Ein besonders wirksames, pflanzliches Insektizid ist seit kurzem auch in Deutschland erhältlich. Blätter und Früchte des tropischen Neembaums enthalten einen Wirkstoff, der Pflanzen auch vorbeugend gegen saugende und fressende Insekten schützt.
 
Ein viel versprechender Ansatz ist die Nutzung von Pilzen, die Insekten befallen, mit ihrem Pilzgeflecht durchziehen und auf diese Weise töten. Besonders insektenfeindlich ist der im Boden lebende Pilz Metarhiizium anisopliae. Rund 400 Insekten, in der Hauptsache Käfer und ihre Larven, kann der Pilz befallen. Dazu gehören schädliche Arten wie der Rüsselkäfer, der sich von den Wurzeln zahlreicher Nutzpflanzen ernährt. Um den Pilz zu konservieren, wird er getrocknet und zu einem feinen Granulat verarbeitet, das auf den Acker gestreut werden kann. Durch Feuchtigkeit im Boden wird der Pilz »geweckt« und beginnt zu wachsen.
 
Pharmakognosie - Phytopharmazie, Beiträge von
 
 
John A. Timbrell: Toxikologie für Einsteiger. Aus dem Englischen. Heidelberg1993.
 Harun Parlar und Daniela Angerhöfer: Chemische Ökotoxikologie. Heidelberg 21995.
 
Insecticides in agriculture and environment. Retrospects and prospects, Beiträge von Albert S. Perry u. a. Berlin 1998.
 
Lexikon der Chemie, bearbeitet von Hans Dieter Jakubke u. Ruth Karcher. 3 Bände. Heidelberg1998-99.

Universal-Lexikon. 2012.

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